22. September 2000

Kreisrundbrief zum Straßenbau NRW

Liebe Freundinnen und Freunde,

liebe verkehrspolitisch Interessierte,

in ihrer heutigen Pressekonferenz hat die rot-grüne Landesregierung die weiteren Planungen bezüglich der NRW-Straßenbauprojekte vorgestellt. Nachdem die Regierung Rüttgers das Land mit unfinanzierbaren Infrastrukturplänen und ersten Spatenstichen in Wahlkampfzeiten überzogen hatte, war eine neue Priorisierung dringend nötig geworden.

Alleine die Kosten für die beauftragten aber unnötigen und oftmals unrealistische Planungen gehen in die Millionen. So hat der landeseigene Betrieb Straßen.NRW ein Defizit von ca. 51 Millionen Euro bei den Planungskosten entwickelt. Ein „weiter-so“ wäre in Zeiten, in denen der Bund massiv die Infrastrukturzahlungen zurückfährt und auch die Haushaltslage des Landes sehr angespannt ist, unverantwortlich. Dies sehen mittlerweile auch andere Bundesländer und auch das Bundesverkehrsministerium so und fangen an ihre riesigen Straßenplanungslisten auf ihren Realitätsgehalt hin zu überprüfen.

Die Landtagsfraktion hat diesen Inventur-Prozess mit den Informationen von Euch vor Ort intensiv begleitet und wir freuen uns, dass von den ursprünglichen 297 Bauprojekten an Landes-, Bundesstraßen- und Autobahnprojekten nun die unsinnigsten 104 (d.h. 35%) zurückgestellt werden. Bei weiteren 50 Straßen werden wir nach Abschluss der derzeitigen Planungsphase mit dem Koalitionspartner neu über deren Priorität entscheiden.

Um die Größenordnung des Planungswahnsinns der früheren Landesregierung deutlich zu machen: Selbst nach dieser Generalinventur übersteigen die prognostizierten Baukosten die vorhanden Mittel und binden Straßen.NRW im Wesentlichen für die nächsten zehn Jahre. Nicht alles, was NRW nun planerisch weiterverfolgt und weiterverfolgen muss, kann also letztlich in absehbarer Zeit gebaut werden.

Rot-Grün hat sich jetzt beim Fernstraßenbau in Nordrhein-Westfalen ehrlich gemacht. Für uns GRÜNE waren bei der Priorisierung ökologische wie ökonomische Gesichtspunkte entscheidend. Verkehrsprognosen, Lärmaspekte und die Anwohnerinteressen flossen ebenso in das Verfahren ein. Ohne euer beharrliches in Frage stellen der vielen zweifelhaften Straßenprojekten vor Ort und des außergewöhnlichen Einsatzes unseres parlamentarischen Staatssekretärs Horst Becker hätte es diese Verständigung nicht gegeben. Wir sind gemeinsam einer bedarfsgerechten und ökologisch wie ökonomisch zukunftsfesten Verkehrspolitik einen großen Schritt näher gekommen, auch wenn jeder Prozess natürlich auch uns zu spürbaren Kompromissen zwingt.

Was dies konkret für eure Projekte bedeutet, könnt ihr der im Anhang befindlichen Vorlage der Landesregierung für den heutigen Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr (ABWV) entnehmen.

Ein kleiner Ausblick in die Zukunft: Nachhaltige Straßen-Infrastrukturpolitik bedeutet für uns auch, den Fokus vom Neubau auf den Straßenerhalt zu legen. Insbesondere die letzten harten Winter haben die dringende Notwendigkeit von umfangreichen Straßensanierungen offenkundig werden lassen. Dies ist aber leider erst ab dem Jahr 2013 umfangreich möglich, weil aus der Zeit des schwarz-gelben Planungswahnsinns zu viele Fakten in Form von Baubeginnen und erteilten Planungsrechten geschaffen wurden. Die Pflege der Straßensubstanz wurde in den letzten Jahren deutlich vernachlässigt, dabei ist genau dieser Erhalt die günstigste Variante, sichere und schnelle Mobilität auf der Straße sicherzustellen. In diesem Sinne werden wir sukzessive freiwerdende Haushaltsmittel umschichten. Ein Schritt, der uns in Expertenanhörungen mehrfach als sinnvoll und wichtig bestätigt worden ist.

Mit grünen Grüßen,

Reiner Priggen                 Arndt Klocke

P.S.: Unter folgendem Link findet ihr die Vorlage zum Straßenbau des Verkehrsministeriums für den heutigen Verkehrsausschuss mit allen notwendigen Informationen: http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV15-854.pdf.